Um unser Selbstverständnis zu verdeutlichen ist es erforderlich Ihnen gleichzeitig einen kurzen Überblick über die Gegebenheiten und Umstände zu geben, die zur Gründung des Vereins führten und die die Notwendigkeit des Vereins auch heute noch bedingen.
Seit 1968 wurde in der ehemaligen Sandgrube zwischen Heßheim und Gerolsheim eines Herrn Willersinn aus Gerolsheim Haus- und Industriemüll wild abgekippt. Die Ablagerungen wurden zwar 1972 nachträglich genehmigt und die Kippe zu offiziellen Deponie erklärt, jedoch wurden selbst die damals erlassenen unzulänglichen Einbauanweisungen nur wenig befolgt. Im Jahre 1976 übernahm das Land Rheinland-Pfalz die Verantwortung und teilte den Ablagerungsbereich auf: Der Bereich der Hausmülldeponie (17 ha) wurde weiterhin allein von der Firma Südmüll (Willersinn) kontrolliert, ein Bereich für Sondermüll (15 ha) kontrollierte daraufhin die damals gegründete Gesellschaft zu Beseitigung für Sondermüll (GBS), an der das Land Rheinland-Pfalz und die Fa. Südmüll (mit der Tochter ABG) sowie der Handels- und Städtetag zu je einem drittel beteiligt war. Die GBS gibt es heute noch, untersteht aber nur noch dem Land Rheinland-Pfalz.
Ende der siebziger Jahre wurden die Belästigungen durch die zwangsweise entstandenen Deponiegase, denen die Bürger der umliegenden Gemeinden ausgesetzt waren, immer intensiver und häufiger. Zahlreiche Eingaben der Bürger an die Gemeindeverwaltungen veranlassten schließlich die Gemeindevertreter im Oktober 1979, zu einer Bürgerversammlung einzuladen. Anwesend waren Vertreter der Genehmigungsbehörde, die Geschäftsführer der Deponien sowie zahlreiche Politiker. Es wurde im Verlaufe des Abends deutlich, dass man zwar das Problem erkannte, es aber als durchaus zumutbar betrachtete, zumal es ja die Bürger selbst sind, die den Müll verursachen. Die Mehrzahl der kommunalen Politiker wollten den Firmen auch wegen der üppig fließenden Steuereinnahmen aus dem Deponiebetrieb nicht zu nahe treten. Diese bittere Erkenntnis führte schließlich am 5. November 1979 zur Gründung der Schutzgemeinschaft gegen die Mülldeponie e. V. (SGM). 13 Bürger aus Heßheim und Gerolsheim gründeten die SGM von Beginn an als eingetragener Verein Der Verein ist im Vereinsregister Vfg. Bl. 19 eingetragen. Die SGM hatte sich zum Ziel gesetzt, die Gefahren durch die Deponie von den Bürgern abzuwenden.
Durch die intensive Arbeit der SGM wurde sehr bald deutlich, dass die Gase auch zahlreiche gesundheitsschädliche Stoffe enthielten und dass auch schon das Grundwasser in der Umgebung der Deponie mit Schadstoffen belastetet war. In kurzer Zeit hatte der Verein fast 600 Mitglieder aus den Gemeinden Heßheim Gerolsheim, Heuchelheim, Beindersheim, Lambsheim, Weisenheim a.S. , Freinsheim und anderen Gemeinden.
Als dann die SGM am 13. April 1983 in Erfahrung bringen konnte, dass auch das Ultragift Dioxin in Gerolsheim vergraben ist, war die SGM schon weit über die kommunalen Grenzen hinaus bekannt war. Die schon vorhandenen guten Kontakte zu Presse, Funk und Fernsehen ermöglichten es, die verantwortlichen in Kommerz und Politik nachhaltig zum schnellen Reagieren zu zwingen. Auf Betreiben und Vorschlag der SGM wurde dann auch bald ein Gutachten bei dem renommierten Professor für Abfalltechnik Herrn Tabassaran an der Universität Stuttgart von der Landesregierung in Auftrag gegeben. Das Gutachten ergab, dass die Situation dringend zum Handeln zwingt. Infolge wurde dann mit sehr hohem finanziellen Aufwand von einigen 100 Millionen DM (genaue Angaben sind nicht zu erhalten) die Sicherung der Deponie eingeleitet.
Zwischenzeitlich hat die SGM jedoch erreicht, dass die Ablagerungen auf dem Bereich der Sondermülldeponie zum 1.1.2002 eingestellt wurden und eine Oberflächenabdichtung auf dem gesamten Sondermüllbereich installiert wird. Diese Arbeiten dauern noch heute (November 2008) an und sind noch nicht abgeschlossen.
Trotz energischem Widerstand der SGM wurde die Erweiterung des Ablagerungsbereich der Hausmülldeponie 1996 genehmigt. Bei dem damaligen Hausmüllaufkommen rechnete man damals trotz Erweiterung mit einer Restverfülldauer von ca. 6 Jahren, worauf dann eine Rekultivierung erfolgen sollte. Bedingt durch die neuen Umweltgesetze reduzierte sich jedoch schon sehr bald das Müllaufkommen drastisch, das auf Hausmülldeponien noch abgelagert werden darf. Ein Ende der Ablagerungen auf der Hausmülldeponie ist deshalb noch nicht abzusehen. Allerdings darf nur noch vorbehandeltes Material abgelagert werden, sodass hieraus keine Geruchsbelästigungen mehr zu erwarten sind. Allgemein dürfen wir mit Stolz heute feststellen, dass bezüglich der Geruchsbelästigungen von den Deponien unsere Aktivitäten zu einer deutlichen Verbesserung der Situation geführt haben.
Der Geschäftsführer der Fa. Südmüll wird jedoch nicht Müde in seinem Bestreben sein Gelände mit neuen für die Bevölkerung möglicherweise zum Nachteil gereichenden Anlagen zu Bestücken.
GESCHICHTE:
1971
„Aktionskreis Heßheim“ erzwingt durch Briere und Gespräche die Deponiedokumentation 1971
1972
„Bauernaufstand“ wegen Hexa-(HCH)Ablagerungen auf erntereifen Feldfrüchten in Deponienähe
1976/77
Bürger aus Gerolsheim beschweren sich über die starken Geruchsbelästigungen aus dem
Deponiekörper und stellen die Frage: „Wie lange dauert das noch an?„
Deponiebetreiber versprechen 1200 Bäume zu pflanzen! „Bäume gegen Gerüche????„
12.10.1979
Bilrgerversammlung in Heßheim „Mülldeponie im Kreuzfeuer“
Okt. 1979
In Heßheim Gerhart-Hauptmann-Straße und in Geroisheim Falterweg werden Organisationsrorm und Namensgebung eines Aktionskreises gegen die Mülldeponie diskutiert;
die Schutzgemeinschart nimmt klare Konturen an
05.11.1979
Gründung der SGM e.V.
13 Gründungsmitglieder aus Heßheim und Gerolsheim
06.12.1979
SGM hat innerhalb eines Monats 200 Mitglieder!
07.03.1980
erster Besuch im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umweltschutz (MSGU) in Mainz,
Forderung nach umfassendem Gutachten erhoben
Febr. 1980
Theo Magin MdB der CDU vertröstet die Bürger, BAB-Anschluß soll forciert werden zur Entlastung der Heßheimer Anlieger an der Müllstraße
März 1980
Durchbruch bei der Tagespresse
Bericht in mehreren Folgen über die Problematik von Hausmüll- und Sondermülldeponie
Apr. 1980
Gemeinderäte in Heßheim, Heuchelheim und Gerolsheim befassen sich mit der Müllproblematik
19.05.1980
Staatssekretär Prof. Töpfer (MSGU) referiert in Heßheim zur Abfallbeseitigung
Mai 1980
Wachstumsschäden an Feldfrüchten durch austretende Deponiegase
Umweltbundesamt in Berlin wird eingeschaltet
Aug. 1980
Kommunen fordern Abfallbeseitigungskonzept, Verbrennung des Mülls als Alternative?
SGM-Fragenkatalog an Ministerium von Gölter (MSGU) wird nicht beantwortet
16.08.1980
Der damalige Umwltminister Gölter lädt SGM zum Gespräch ein
04.09.1980
Fernsehbericht „Bürger haben Angst… “ zum Deponiethema
24.09.1980
SGM-Vorstandsmitglieder verhandeln mit Umweltminister Gölter, weisen auf die Gefahren durch Geruch, Abfackelung, Sickerwasser usw. hin
Nov. 1980
Die Mülldiskussion läuft im Landkreis Ludwigshafen auf Hochtouren (Modell: Norden deponieren in Gerolsheim, Mitte und Süden verbrennen)
Jan. 1981
Keine weitere Deponierung?
„Hinhaltetaktik“ kommt für Landrat Dr. Schädler nicht in Betracht, zugleich befürwortet er aber den BAB-Anschluß Gerolsheim
06.04.1981
SGM fordert Trennwand zwischen Hausmüll- und Sondermülldeponie
Juli 1981
Bundesweite Mülldebatten
– Klärschlamm giftig,
– Müll, ungenutzte Energie?
– Deponieraum kleiner?
– Rhein-Neckar-Kreis will Müllproblem „anpacken“
Sept.1981
Mülldebatte im Kreistag Ludwigshafen ohne Ende und ohne Ergebnis
03.09.1981
Planfeststellungsbeschluß zur BAB-Zufahrt („Müllstraße“)
Nov. 1981
Das Gewerbesteueraufkommen in Heßheim hat sich um DM 600000 auf DM 1,5 Mio erhöht. Frage, welche Gewerbe zu dieser drastischen Steigerung geführt haben, bleiben von der Verwaltung unbeantwortet
Febr. 1982
SGM führt eine Verkehrszählung durch
7594 Fahrzeuge an 1 Tag
davon
702 LKW = 9%
434 Busse, Traktoren u.ä.
6458 PKW
März 1982
Landrat Dr. Schädler werden ausgedehnte Seen und Grundwasserverbindungen auf den beiden Deponien vorgeführt – fehlende Drainage – Gifte sickern ins Erdreich –
April 1982
Trend aller Parteien hin zur Verbrennung mit Rauchgaswäsche – weg von der Deponierung
Juni 1982
Landesregierung bereitet Abfallbeseitigungsplan vor.
Müllverwertungsanlage in Heßheim geplant, deshalb Autobahnanschluß ?
Juli 1982
Heßheim und der Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde
Was geschieht mit Kiesabbauflächen und Müldeponien?
Ausbau der L 520 Heßheim-Gerolsheim wird planerisch vom BAB-Anschluß getrennt
Juli 1982
Flugzeugabsturz in Großniedesheim Kerosinverseuchte Erde wird auf die Deponie Gerolsheim gebracht
Okt. 1982
Cyanid im Grundwasser gefunden
Für die SGM ein Beweis der Undichtigkeit der Mülldeponie
Verbandsbürgermeister Müller sieht keine Gefakr für das Grundwasser und Trinkwasser (anläßl. der Indienststellung der Aufbereitungsanlage Wasserwerk Großniedesheim)
Nov. 1982
Mehr Müll aus dem Landlcreis Bad Dürkheim nach Heßheim/Gerolsheim
Scharfe Kritik der SGM: Keine Tonne mehr!!
Prozeß wegen Gesundheitsgefährdung gegen die Betreiber läuft in Landau
11.04.1983
21 Uhr: ein anonymer Anruf bei der SGM:
„bei Ihnen auf‘ der Deponie liegen einige tausend Fässer mit DIOXIN…“
April 1983
1. Großdemonstration von Heßheim zur Mülldeponie
03.07.1983
Fahrraddemonstration zur Mülldeponie (Sternfahrt), erneut mit lautstarken Protesten der betroffenen Bevölkerung und Auftrag an die SGM, mit allen Mitteln die Schließung der Deponie zu betreiben.
Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft mit verschiedenen Straftatbeständen
wird fortgesetzt…
FORDERUNGEN:
FESTSTELLUNGEN/FORDERUNGEN
Schutzgemeinschaft gegen Mülldeponie (SGM)
AUSSAGEN
Landesregierung
Betreiber
ERGEBNISSE
Gutachter
Gestank
übelriechende Gase (1976/1979)
nein
1983: ja, es muß desodoriert werden
Gase giftig (1979)
kein Gift
Fackeln reichen aus
1984: Gase sind giftig
9400 ppm vorhanden
(10 ppm Max-Wert)
Sickerwasserverunreinigung (1980)
trockene Deponie
1984: zweites Grundwasserstockwerk verseucht
Dichtwand (1981 gefordert)
unnötig, Tonwanne ist dicht
1984: Dichtwand
Gesundheitsgefährdung (1980)
keine Gefahr für die Bevölkerung
Staatsanwaltschaft Landau sagt, Gefährdung gegeben
Basisabdichtung (1980)
nicht erforderlich
1984: muß „nachgeholt“ werden – Problem der Sanierung
Oberflächenabdichtung (1980)
nein, trockenes Gebiet
1985: von Norden nach Süden muß abgedeckt werden
Bepflanzung unzureichend (1980)
1200 Bäume gepflanzt, reichen aus
1984: umfassende Rekultivierung erforderlich
Grundwasserverseuchung außerhalb des Deponiegeländes (1981)
nein, nicht feststellbar
1984: ja, Drainage erforderlich
BAB-Anschluß stellt keine Lösung dar (1980)
Infrastruktur, Fremdenverkehr Deponien (SMD, HMD)
1985: Gutachten der Planungsgemeinschaft Rhein-Pfalz stellt fest, daß BAB-Anschluß ineffektiv ist – Umhehung!
Abgasfackeln: Verbrennungstemperatur (am 30.03.85 = 200 °C) (+ 100 °C)
ausreichend
1984: Mobilisierung von Giften bei kleiner 1200 °C
Grüngürtel – Schutzbepflanzung rund um die Deponie gefordert (1980)
Wirkung der bereits erfolgten Bepflanzung abwarten;
Gemeinden sollten auf eigenem Gelände Schutzpflanzungen vornehmen
1987: Betreiber beginnen mit umfangreicher Anpflanzung an der Nordseite der Deponie